Im Rahmen eines Pilotprojektes im Regionalen Naturpark Thal wird ein Inventar der Quell-Lebensräume erstellt, auf dessen Grundlage Quell-Lebensräume nachhaltig erhalten und ökologisch aufgewertet werden sollen. In einer zweiten Phase ist geplant, das Quelleninventar auf den ganzen Kanton Solothurn auszuweiten.
Warum sind Quell-Lebensräume besonders?
Quellen sind einzigartige und faszinierende Lebensräume, welche die Schnittstelle zwischen Grundwasser und Oberflächengewässern darstellen. Einst galten sie als Ursprung des Lebens, Sinnbild für Reinigung und Wiedergeburt, Schauplatz von Mythen und Sagen und Heimat von Gottheiten - Heute sind Quellen fast in Vergessenheit geraten und stark bedroht.
In den ersten 5-10 m nach einem Quellaustritt leben vorwiegend spezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Anders als in den meisten Fliessgewässern sind die Bedingungen hier aussergewöhnlich, da die Temperaturen konstant und der Sauerstoff- und Nährstoffgehalt gering sind. Diese speziellen Bedingungen sowie die Strukturvielfalt in Quelllebensräumen sind für viele Organismen, wie beispielsweise einige Stein- und Köcherfliegenarten, essentiell. Neben der artenreichen Fauna (~ 100 Arten), von der heute ca. 73 % der Arten bedroht sind, kommen in Quelllebensräumen auch spezialisierte Moose und Kieselalgen vor.
Was ist passiert?
In den letzten 200 Jahren sind die meisten natürlichen Quellen im Offenland und Siedlungsraum durch Fassungen oder andere Nutzungsformen verschwunden oder stark beeinträchtigt worden. Nur in den höher gelegenen Gebirgsregionen und in den meisten Wäldern findet man heute noch einige dieser einzigartigen Lebensräume in ihrem natürlichen Zustand vor. Quell-Lebensräume sind meist eher kleinräumig und werden oft nicht als eigener Lebensraum mit sehr spezifischen Eigenschaften wahrgenommen.
Die klimatischen Entwicklungsszenarien versprechen für die Zukunft vermehrt Trockenperioden, was den Druck auf Quell-Lebensräume in Bezug auf die Trinkwasserversorgung weiter erhöhen könnte.
Was wird getan?
Einige Kantone haben bereits mit einem Inventar der Quell-Lebensräume begonnen diese aufzuspüren und die Qualität des Lebensraumes anhand der Struktureigenschaften zu ermitteln. Dies sind Grundvoraussetzungen, um die natürlichen Quell-Lebensräume zu erhalten oder beeinträchtigte Lebensräume zu revitalisieren.
Der Kanton Solothurn besitzt kein aktuelles und vollständiges Inventar seiner Quell-Lebensräume. Mit dem geplanten Projekt soll das Inventar aktualisiert, vervollständigt und mit qualitativen Daten zum Zustand der wertvollen Lebensräume ergänzt werden.
Pilotprojekt
Im Naturpark Thal werden seit dem Frühjahr 2022 innerhalb eines Pilotprojektes potenzielle Quellen-Standorte aufgesucht und überprüft. Mithilfe von naturbegeisterten und motivierten Freiwilligen werden die Quell-Lebensräume kartiert und bewertet sowie auch das Revitalisierungspotenzial von beeinträchtigten Quell-Lebensräumen ermittelt.
Die Daten stellen nicht nur eine wichtige Grundlage zum Schutz von Quellen dar, sondern dienen den kantonalen Fachstellen und Gemeinden auch als wichtige Hilfestellung, beispielsweise bei der Beurteilung von Bauprojekten.
Das Projekt wurde von mehreren Organisationen in Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle Quell-Lebensräume des BAFU, dem Kanton Solothurn und dem Naturpark Thal ins Leben gerufen, Hauptträger ist die Aktion Biber & Co. Mittelland. Für die Projektumsetzung ist das Umweltbüro UNA Bern und der Naturpark Thal zuständig. Der WWF Solothurn begleitet das Projekt fachlich und kommunikativ, zusammen mit dem Amt für Umwelt, dem Amt für Raumplanung, Pro Natura Solothurn und dem Naturpark Thal und unterstützt das Projekt auch finanziell.